Über DigiKAR

DigiKAR in Kürze

Das Projekt Digitale Kartenwerkstatt Altes Reich (DigiKAR) entwickelt und erprobt Konzepte zur Erfassung, Modellierung und Visualisierung von frühneuzeitlichen Geodaten aus dem Heiligen Römischen Reich (insbesondere 17. und 18. Jahrhundert). Im Gegensatz zu bisherigen Ansätzen der historischen Kartographie berücksichtigt das Projekt die Unvollständigkeit und Mehrdeutigkeit von analogen und digitalisierten Quellen („messy data“) und eröffnet alternative Perspektiven zur Analyse raumbezogener Praktiken in der Frühen Neuzeit. Die Möglichkeiten der Geoinformationstechnologie und Geoinformationswissenschaft werden sich dabei nicht allein auf die Erstellung digitaler Karten beschränken, sondern auch die datenbankgestützte Analyse und Visualisierung von Daten mit Raumbezug einschließen.

Die interdisziplinäre Forschungsgruppe (bestehend aus Historiker:innen, Geograph:innen und Informationswissenschaftler:innen) wird zwei Fallstudien aus unterschiedlichen geographischen Regionen und politischen Einheiten des Heiligen Römischen Reiches verfolgen: die Kurfürstentümer Mainz und Sachsen.

Ziel der Fallstudien ist es, ortsbezogene Raumkonstruktionen sowie Phänomene der historischen Mobilität und Vernetzung zu modellieren, um Datenstandards für ähnliche Projekte zu entwickeln. Durch die prototypische Visualisierung von menschlicher, materieller und ideeller Mobilität, von Grenzüberschreitungen und von Räumen konkurrierender Herrschaft im Heiligen Römischen Reich adressiert das Projekt zentrale Herausforderungen sowohl der traditionellen Reichshistoriographie als auch der digitalen historischen Kartographie. Die vielfältigen Grenzen des Heiligen Römischen Reiches und seiner Territorien – die keineswegs ausschließlich politisch und oft umstritten waren – werden als integrale Bestandteile frühneuzeitlicher Handlungsräume untersucht.

Die „Digitale Kartenwerkstatt“ hinterfragt die bisherigen visuellen Darstellungen eines Raumes, der durch polygon- und linienorientierte Karten mit engen thematischen Schwerpunkten nur unzureichend erfasst werden kann und vielmehr multimodale und multiperspektivische Visualisierungen erfordert. Dieser Ansatz deckt sich mit neueren Studien zur Raumanalyse. Aktuelle Entwicklungen in der kartographischen Semiotik, der Datenmodellierung sowie der nicht-kartographischen Visualisierung von Räumen werden in transparente Arbeitsabläufe integriert, die von anderen historisch orientierten Forschern adaptiert werden können.

Nicht zuletzt engagiert sich das DigiKAR-Team im wechselseitigen Wissenstransfer mit Gedächtnisinstitutionen, leistet einen Beitrag zur historischen Bildung und kommuniziert seine Forschungsergebnisse in den Kulturbereich sowie in die Gesellschaft hinein.


DigiKAR ist ein Kooperationsprojekt des Leibniz-Instituts für Europäische Geschichte Mainz, des Leibniz-Instituts für Länderkunde Leipzig, des Leibniz-Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung Regensburg, der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und der École des Hautes Études en Sciences Sociales Paris, Frankreich. Das Vorhaben wird für den Zeitraum von drei Jahren in der „Leibniz-Kooperative Exzellenz“ der Leibniz-Gemeinschaft gefördert.